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Gesellschafterbeschluss zur Liquidation einer Gesellschaft mit aufschiebender Wirkung auf den Zeitpunkt des Todes des Gesellschafters

Autorenbild: Lara KösterLara Köster

Aktualisiert: vor 5 Tagen

Die Auflösung einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) bringt häufig komplexe rechtliche Fragestellungen mit sich. Ein besonderer Fall ist die Auflösung durch Gesellschafterbeschluss, der an das Ableben eines Gesellschafters gekoppelt ist. Dieses Szenario stellt sich insbesondere häufig bei personengeprägten GmbHs. Dabei stellt sich insbesondere die Frage, wie ein solcher Beschluss rechtlich zu qualifizieren und ob er wirksam ist. Zwei zentrale Interpretationen stehen zur Diskussion:


  1. Echter Auflösungsbeschluss mit aufschiebender Bedingung: Es sich um einen Auflösungsbeschluss im Sinne des § 60 Abs. 1 Nr. 2 GmbHG handeln, der lediglich unter einer aufschiebenden Bedingung (dem Tod eines Gesellschafters) steht.


  2. Befristung der Gesellschaftsdauer: Es könnte satzungsändernder Beschluss vorliegen, der eine Befristung der Gesellschaftsdauer bewirkt oder ändert. Dies hätte zur Folge, dass gemäß § 3 Abs. 2 GmbHG eine Änderung der Satzung erforderlich wäre. Als Beschränkung auf eine gewisse Zeit im Sinne des § 3 Abs. 2 GmbHG kommt alles in Betracht, was den Anforderungen an eine Befristung nach allgemeinen zivilrechtlichen Grundsätzen entspricht. Diese muss zudem nach dem objektiven Auslegungsmaßstab für Satzungsregelungen hinreichend präzise und eindeutig bestimmt sein.


Die Differenzierung ist von erheblicher Bedeutung, da sie die formalen Anforderungen an den Beschluss beeinflusst. Nach allgemeinen zivilrechtlichen Grundsätzen unterscheidet sich eine Bedingung von einer Befristung danach, "ob" das Eintritt ungewiss ist (Bedingung), oder ihr Eintritt feststeht und lediglich, der genaue Zeitpunkt des Eintritts ungewiss ist (Lindow, in: BeckOGK, 1. Mai 2024, GmbHG § 3 Rn. 153).


Zeitliche Befristung im Gesellschaftsvertrag

Die Auflösung einer GmbH richtet sich grundsätzlich nach den in § 60 Abs. 1 GmbHG festgelegten Auflösungsgründen. Ein möglicher Ansatz wäre die Auflösung der Gesellschaft gemäß § 60 Abs. 1 Nr. 1 GmbHG durch den Ablauf einer im Gesellschaftsvertrag bestimmten Zeit, sofern dieser eine entsprechende Regelung enthält – beispielsweise den Tod eines Gesellschafters als Auflösungsgrund (Lindow, in: BeckOGK, 1. Mai 2024, GmbHG, § 3 Rn. 153).


Eine solche Regelung wird von der Rechtsprechung und der juristischen Literatur anerkannt, da der Zeitpunkt der Auflösung der Gesellschaft hinreichend bestimmbar ist (vgl. BayObLGZ 1974, 479 [482]; Kleindiek, in: Lutter/Hommelhoff, GmbH-Gesetz, 21. Aufl. 2023, § 60 Rn. 2). Die Voraussetzung dafür ist, dass die entsprechende Klausel im Gesellschaftsvertrag eindeutig formuliert ist und der Wille der Gesellschafter klar zum Ausdruck kommt, um rechtliche Unsicherheiten zu vermeiden.


Auflösungsbeschluss

Enthält der Gesellschaftsvertrag keine entsprechende Regelung, kann die Gesellschaft auch durch einen Auflösungsbeschluss gemäß § 60 Abs. 1 Nr. 2 GmbHG aufgelöst werden. Ein Auflösungsbeschluss stellt in der Regel keine Satzungsänderung dar und erfordert daher weder eine notarielle Beurkundung, um wirksam zu sein (Kleindiek, in: Lutter/Hommelhoff, GmbH-Gesetz, 21. Aufl. 2023, § 60 Rn. 5).


Eine Ausnahme besteht jedoch, wenn die Auslegung verschiedene Interpretationen zulässt oder in der Satzung eine Mindestdauer der Gesellschaft festgelegt ist und diese durch den Auflösungsbeschluss geändert wird. In diesem Fall wäre ein satzungsändernder Gesellschafterbeschluss erforderlich, der den Anforderungen des § 53 GmbHG unterliegt. Dazu gehören eine qualifizierte Mehrheit von drei Vierteln der abgegebenen Stimmen sowie die notarielle Beurkundung des Beschlusses (Kleindiek, in: Lutter/Hommelhoff, GmbH-Gesetz, 21. Aufl. 2023, § 60 Rn. 5).


Durch Tod eines Gesellschafters aufschiebend bedingter Auflösungsbeschluss?

Die Auflösung einer GmbH kann entweder aufschiebend (nicht auflösend!) bedingt oder befristet beschlossen werden (Kleindiek, in: Lutter/Hommelhoff, GmbH-Gesetz, 21. Aufl. 2023, § 60 Rn. 5). In einem solchen Fall ist im Einzelfall zu prüfen, ob der Beschluss tatsächlich die Auflösung der Gesellschaft bezweckt oder ob er lediglich darauf abzielt, der Gesellschaft eine feste Dauer zu geben (Kleindiek, in: Lutter/Hommelhoff, GmbH-Gesetz, 21. Aufl. 2023, § 60 Rn. 5).


Nur wenn die tatsächliche Auflösung der Gesellschaft beabsichtigt ist, kann § 60 Abs. 1 Nr. 2 GmbHG zur Anwendung kommen. Andernfalls handelt es sich um eine Begrenzung der Gesellschaftsdauer im Sinne von § 3 Abs. 2 GmbHG, die eine förmliche Satzungsänderung erfordert (Kleindiek, in: Lutter/Hommelhoff, GmbH-Gesetz, 21. Aufl. 2023, § 60 Rn. 5). Zielt die Formulierung nicht unmittelbar auf die Auflösung der Gesellschaft ab, sondern legt die Wortlautauslegung eher eine zeitliche Beschränkung nahe ("enden", "bis zu", etc.), deutet dies auf eine Satzungsänderung hin.


Die Unterscheidung ist nicht immer einfach. Ein wichtiges Kriterium zur Abgrenzung ist die zeitliche Nähe des beschlossenen Auflösungszeitpunkts. Je näher dieser Zeitpunkt liegt (z. B. innerhalb eines Geschäftsjahres), desto eher ist von einem bloßen Auflösungsbeschluss auszugehen (RGZ 145, 99 [101]; Scheller, in: Scholz, GmbH-Gesetz, Kommentar, 12. Aufl. 2021, § 60 Rn. 23). Eine abweichende Auffassung vertrat noch das Reichsgericht in RGZ 65, 264, 267: Hier wird argumentiert, dass jede Abweichung von der sonst sofort eintretenden Auflösungswirkung stets als Satzungsänderung zu qualifizieren sei. In der Regel und mangels konkreter anderer Anknüpfungspunkte wird man wohl davon ausgehen dürfen, dass der Tod eines Gesellschafters nicht in absehbarer Zukunft eintreten wird.


Fazit

Die Auslegung und rechtliche Einordnung eines auf den Tod eines Gesellschafters aufschiebend bedingter Auflösungsbeschlusses einer GmbH kann schwierig sein. Es sprechen gute Argumente und die Vorgabe des rechtssichersten Vorgehen dafür, dass ein solcher Beschluss als satzungsändernder Gesellschafterbeschluss qualifiziert werden kann und demnach den Anforderungen des § 53 GmbHG genügen muss.


Die – soweit ersichtlich – kaum vorhandene Rechtsprechung zu dieser Frage bietet Anlass, in der Praxis besondere Vorsicht walten zu lassen. Die praktische Umsetzung solcher Regelungen sollte daher sorgfältig geprüft werden, um sowohl zivilrechtliche als auch gesellschaftsrechtliche Anforderungen zu erfüllen.

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